Autorisierte Fassung des:
Landesbüro
anerkannter Naturschutzverbände
Lindenstraße 34
14467 Potsdam
Landesumweltamt Brandenburg
Frau Brigitte Post
...
Stellungnahme der o. g. Naturschutzverbände
zum Genehmigungsverfahren für die
Kläranlage Fürstenwalde sowie die
wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung des vorgereinigten Abwassers
aus der
Kläranlage Fürstenwalde in das Grundwasser bzw. in das
FFH-Gebiet Müggelspree
Ihr Geschäftszeichen : RS1- = WB-pt-810/05
Sehr geehrte Frau Post,
die anerkannten Naturschutzverbände des Landes
Brandenburg bedanken sich für
die Beteiligung am o. g. Verfahren und möchten die aus den
vorliegenden
Unterlagen bereits erkennbaren Problemfelder noch einmal wie folgt
zusammenfassen:
In der UVS wird der weitere Betrieb der Kläranlage
Fürstenwalde
ausschließlich von den beiden Möglichkeiten abhängig
gemacht, entweder die
vorgereinigten Abwasserfrachten von 60.000 Einwohnerwerten weiterhin
wie bisher
in das Grundwasser einzuleiten oder per neu zu errichtender
Überleitung direkt
in das FFH-Gebiet Müggelspree, wobei im letzteren Falle aufgrund
des besonders
im Sommerhalbjahr relativ häufig auftretenden Niedrigwassers mit
einer relativ
schnell eintretenden Verschlechterung des Zustandes dieses sehr
wertvollen, als
FFH-Gebiet eingestuften Gewässerabschnitts zu rechnen ist.
Die anerkannten Naturschutzverbände Brandenburgs
lehnen eine solche
einseitige Betrachtungsweise, die keine weiteren Handlungsoptionen
offen läßt,
entschieden ab. Zwar teilen sie voll und ganz die Besorgnis der Autoren
um die
zukünftige Qualität der Müggelspree und halten deshalb
unter den derzeit
gegebenen Bedingungen eine Direkteinleitung des Abwassers in die
Müggelspree
für äußerst problematisch. Andererseits erscheint es
fraglich, ob die weitere
Zuleitung der Abwassermengen über den Boden in das Grundwasser auf
Dauer nicht
ähnlich schädliche Auswirkungen auf das geschützte
Flussgebiet haben wird, ganz
abgesehen von der offensichtlichen und deshalb auch nicht
erlaubnisfähigen
Rechtswidrigkeit dieser Art von Abwasserentsorgung!
Die Kläranlage Fürstenwalde wurde mit Hilfe von
Fördermitteln der Europäischen
Union im Jahre 1995 auf dem Gelände der alten Rieselfelder
errichtet.
Dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
Fürstenwalde und
Umland als Nachfolgeeinrichtung des zuvor hier tätigen Wasser- und
Abwasserbetriebes Fürstenwalde war zu diesem Zeitpunkt allerdings
bereits
bekannt, dass die Rieselfelder als Folge der fast hundertjährigen
Verrieselung
von ungeklärten Abwässern kommunalen, gewerblichen und
industriellen Ursprungs
in den oberen Bodenhorizonten stark mit Schadstoffen belastet sind und
somit
der Standort dringend der Sanierung bedurfte.
Die einst weit verbreitete Ansicht, das Grundwasser sei
wegen der
Filterwirkung des Untergrundes sowie der in der Regel über dem
Grundwasser
liegenden Deckschichten die geschützteste Wasserressource, hat
sich schon
längst als Irrglaube erwiesen. Grundwasserschäden sind in der
Regel
Langzeitschäden. Die Sanierung von Grundwasserschäden ist in
der Regel nur in
sehr langen Zeiträumen und mit sehr hohen finanziellen Mitteln
möglich.
Die bis zum Jahre 2007 in deutsches Recht umzusetzende
EU-Richtlinie
2004/35/EG über die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von
Umweltschäden sieht vor, künftig auch gegenüber
betrieblichen Verursachern von
Eingriffen in den Grundwasserhaushalt, die geeignet sind, dauerhaft
bzw. in
einem nicht unerheblichen Ausmaß schädliche
Veränderungen der physikalischen,
chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Grundwassers
herbeizuführen,
Haftungsansprüche durchzusetzen.
Gemäß Anhang III der EU-Richtlinie 2004/35/EG
zählen zu diesen
haftungsrelevanten Tätigkeiten auch sämtliche Ableitungen von
Stoffen in das
Grundwasser, die gemäß der Richtlinie 80/68/EWG des Rates
vom 17. Dezember 1979
über den Schutz des Grundwassers gegen die Verschmutzung durch
bestimmte
gefährliche Stoffe (ABl. L 20 vom 26.1.1980 S. 43, geändert
durch die
Richtlinie 91/692/EWG, ABl. L 377 vom 31.12.1991, S. 48) einer
vorherigen
Genehmigung, Zulassung oder Registrierung bedürfen.
Zum Erhalt der Ressource Grundwasser gilt die Forderung,
biologisch
abbaubare Belastungen zu begrenzen, während die Zufuhr von
xenobiotische Stoffe
im Sinne einer Nulloption zu minimieren ist. Im Vordergrund aller
Überlegungen
muss stets die Verhinderung von irreparablen ökologischen
Schäden des
natürlichen Systems Boden, Grundwasserleiter und Grundwasser
stehen. Die
Sanierung bereits verunreinigten Grundwassers hat vor allem unter der
Berücksichtigung von Art und Umfang der Verunreinigung und des
gegebenen
Gefährdungspotentials zu erfolgen.
Zur genaueren Ermittlung des aktuellen
Grundwasserzustandes müssen
flächendeckende Untersuchungen einzelner Leitparameter der
flüssigen Phase
sowie der physikalisch-chemisch-biologischen Wechselbeziehung zwischen
Boden
und Grundwasser durchgeführt werden. Erst aus diesen
Untersuchungen können dann
die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen abgeleitet werden.
Aus den vorliegenden Unterlagen zur UVS ist leider nicht erkennbar,
inwieweit
bisher solche Untersuchungen erfolgt sind und welche zielgerichteten
Sanierungsmaßnahmen auf dementsprechend konkretes Datenmaterial
aufbauen
können. Die Absicht, nach einem sogenannten "Bucher Verfahren"
Mergelboden auf die hochgradig belasteten Rieselfeldböden
aufzubringen und einzugrubbern,
um so die Versickerung zu verlangsamen, als Sanierungsmaßnahme
für das bis zu
einer Tiefe von mindestens 28 Meter unter der Erdoberfläche
verunreinigte
Grundwasser vorzuschlagen, entspricht nicht dem anerkannten Stand von
Wissenschaft und Technik. Das trifft auch für die immer wieder
geäußerte
Auffassung zu, dass sich die bereits vorhandenen
Grundwasserverunreinigungen
durch die Zugabe von weiteren Abwassermengen einfach "wegspülen"
bzw.
"verdünnen" lassen...
Diese u. E. starke Simplifizierung des vorhandenen Problems zieht sich
durch
die gesamte UVS durch und zeigt sich u.a. auch auf der Seite Acht der
"Allgemeinverständlichen Zusammenfassung" zur UVS, wo (nur) der
CSB-
Gehalt im Mischwasser, das von Zeit zu Zeit in die Spree
abfließt, auf die
Jahresfracht insgesamt anstatt auf das jeweilige Ereignis bezogen
benannt wird.
Auch wurde so getan, als ob sich der Abwasserabfluss vom Klärwerk
aus nur auf
die Spree konzentriert und darüber hinaus keine zur Spree parallel
verlaufenden
Grundwasserströme auftreten könnten.
Wie in der o. g. UVS beschrieben wird, liegt der Standort der
Rieselfelder und
somit auch der Kläranlage Fürstenwalde innerhalb des
Warschau-Berliner
Urstromtals. Im zentralen Bereich der Rieselfelder bilden miozäne
Braunkohlenschluffe des Tertiärs den ersten flächenhaft
ausgebildeten
Grundwasserstauer. Somit sind die Grundwasserleiter weitgehend
ungeschützt, da
hier nur oberflächennahe Fein- und Mittelsande vorherrschen, aber
so gut wie
keine Geschiebemergel vorhanden sind, was zu einer hydraulisch
wirksamen
Kommunikation zwischen den tertiären und quartiären
Grundwasserleitern führt.
Die Rieselfeldböden enthalten eine geringmächtige, durch
Zink, Cadmium, Kupfer,
Nickel, Blei und PAK schadstoffbelastete Deckschicht, die darüber
hinaus
deutlich erhöhte Phosphor- und Stickstoffwerte aufweist.
Seit dem Jahre 1995 wird das vorgereinigte Abwasser nicht mehr auf die
ursprünglich 30 ha umfassende Rieselfeldfläche, sondern nur
noch auf einem
kleinen Teilgebiet davon verbracht. Dabei konnte beobachtet werden,
dass sich
erst nach längerer Zeit erhöhter Wasserzugabe eine
geschlossene Wasserfläche
ausbildet, hingegen Rieseltafeln, die nur eine geringe Wassermenge
erhalten,
vernässen aufgrund der hohen Durchlässigkeit der Sande nur in
einem engen
Radius um die Einleitstelle...
Sickeranalysen belegten eine hohe Gefährdung
für das Grundwasser. Die
Autoren vermuten jedoch, dass die in das Grundwasser eingetragenen
Schadstoffgehalte "durch die Durchmischung mit dem weniger belasteten
Grundwasser in ihrer Konzentration reduziert" werden. Die
Abwasserversickerung dominiert sowohl hydraulisch als auch qualitativ
das
Grundwasser im Rieselfeldgebiet bis zur südlich
vorbeifließenden Spree. Das
Gebiet weist eine gute bis sehr gute Durchlässigkeit bis zum
tertiären Stauer
in ca. 28 m Tiefe auf. Es wird von einer guten hydraulischen Verbindung
ab dem
oberen unbedeckten Grundwasserkomplex bis zur
Quartiär-Tertiär-Grenzfläche
ausgegangen.
Die geringen Kationenaustauschkapazität und damit
Filterwirkung des Sandbodens
bewirken zudem, dass die im behandelten Abwasser verbliebenen
Schadstoffe (AOX)
weitgehend vollständig in das Grundwasser gelangen. Den Autoren
ist bekannt,
dass die Verwaltungsvorschrift des MLUR vom 29. 1. 2001 eine
Versickerung von
gereinigtem Abwasser in den genannten Mengen und mit den gemessenen
Inhaltsstoffen (z.B. AOX), wie sie noch immer auf einem Teil der
Rieselfelder
durchgeführt wird, untersagt. Da die unter dem Summenparameter AOX
zusammengefassten verschiedenen Halogenverbindungen ein sehr
unterschiedliches
Gefährdungspotential aufweisen und darüber hinaus auch solche
problematischen
Chemikalien wie Dioxine, und PCBs zu den organischen Chlorverbindungen
gehören,
ist die Ableitung von AOX-haltigem Abwasser in das Grundwasser bereits
vom Grundsatz
her streng untersagt. Doch "um die Müggelspree nicht über das
derzeitige
Maß zu belasten, beabsichtigt der Verband die weitere
Versickerung des
behandelten Abwassers auf den Rieselfeldern", so nachzulesen in der o.
g.
UVS.
Untersuchungen zum Grundwasser ab dem Jahre 1992 zeigten
an fast allen
Grundwassermessstellen hohe Nährstoffgehalte, hohe
sauerstoffzehrende
organische Belastung und eine abwassertypische Salzfracht.
Ausgewählte
Grundwasserproben, die 1999 und 2000 gezogen wurden, zeigten im
näheren und
weiteren Abstrom der Rieselfelder die typischen Abwassermerkmale der
hohen
Nährstoffgehalte (Stickstoff, Phosphor), der erhöhten
organischen
Sauerstoffzehrung und vereinzelt stark erhöhte
Schwermetallgehalte.
Die Versickerung von derzeit ca. 5400 m³/d Abwasser
erhöht domartig die
Grundwasserstände um bis zu 0,7 m. Dadurch vergrößert
sich gegenüber dem
natürlichen Grundwasserabstrom der hier mit Abwasser belastete
Grundwasserabstrom in Richtung Spree auf ca. 1,3 km Breite. Nach
Ansicht der
Autoren der UVS wird durch die Versickerung der im Tagesverlauf (bis
143 l/s)
und witterungsbedingt (Regenwasser bis 350 l/s) stark schwankende
Ablauf der
Kläranlage Fürstenwalde von 2.107.690 m³/a im Jahr 2002
im oberen unbedeckten
Grundwasserleiter zur Spree ganzjährig auf ca. 67 l/s
"vergleichmäßigt". Auch die erheblichen Schwankungen in der
sauerstoffzehrenden organischen Stofffracht und in der
Nährstofffracht erreiche
das empfindliche Oberflächengewässer Müggelspree "stark
vergleichmäßigt..."
Die Tatsache, dass derzeit das gesamte Abwasser der
Kläranlage auf dem
Rieselfeld versickert wird und bis zum Erreichen der Müggelspree
eine
vermutlich mehrjährige Untergrundpassage erfährt, wird in der
vorliegenden UVS
als ein besonderer Vorteil gegenüber der Direkteinleitung in die
Spree
hervorgehoben, da alle "Veränderungen des Kläranlagenablaufs
in Qualität
und Quantität (sich) erst in mehreren Jahren verzögert" im
FFH-Gebiet
Müggelspree auswirkten... Sogar größere
Abflussschwankungen im Ablauf der
Kläranlage würden "über die Bodenpassage auf einen
konstanten mittleren
Abfluss vergleichmäßigt" werden...
Eine Direkteinleitung in die Müggelspree würde
dagegen besonders in der
Niedrigwassersituation des Sommers zu einer kritischen Konzentration
einzelner
Schadstoffe bzw. zu einem kritischen Absinken des Sauerstoffgehaltes
führen.
Dies gelte insbesondere im Falle des Zusammentreffens von
Niedrigwasserabfluss
der Müggelspree und einem Abschlagereignis in der
Mischkanalisation der Stadt
Fürstenwalde in Folge eines Starkregenereignisses während der
sommerlichen
Trockenperiode. Im Falle einer Betriebsstörung der Kläranlage
wird sich die
dann deutlich verschlechterte Ablaufqualität ungehindert auf die
Müggelspree
auswirken, da die vergleichmäßigende Wirkung der
Rieselfelder und der Bodenpassage
wegfallen...
Auch wird erhofft, dass die Zufuhr von Abwasser in das
Grundwasser zu
"einer deutlichen Verbesserung des durch die Schwarzwasserverrieselung
belasteten Grundwasserkörpers" führen könnte... Probleme
mit dem
gesetzlich vorgeschriebenen Boden- bzw. Grundwasserschutz sind für
die Autoren
der UVS nicht erkennbar, sie gehen vielmehr von "isolierten
Auswirkungen
der allein auf die Müggelspree ausgerichteten Versickerung
behandelten
Abwassers" aus... Eine "besondere Situation vor Ort" lässt sie
auch "keinen Besorgnisgrundsatz erkennen..." Die Autoren der UVS
verstehen unter dem Begriff Besorgnisgrundsatz eben nicht die
Einhaltung des
Prinzips der Vorsorge und Vermeidung von Grundwasserverunreinigungen,
sondern
nur schlichtweg deren Messungen: "Um die Schadlosigkeit des weiteren
Betriebes der Rieselfelder zu belegen ist geplant, das Grundwasser
unter den
Rieselfeldtafeln in deren Anstrom und Abstrom zur Müggelspree
regelmäßig zu
untersuchen, um den Besorgnisgrundsatz zur Ausbreitung des Eindringens
von
Schadstoffen in das Gewässer zu begegnen..." Allerdings beklagen
sich die
Autoren, dass die Grundwasserverordnung der Bundesrepublik Deutschlands
"weder Grenz- oder Richtwerte noch Analyseverfahren (für die
Einleitung
von gefährlichen Stoffen in das Grundwasser) kennt..."
Warum die Autoren jetzt noch mit Messungen des
Grundwassers im An- und
Abstrom zur Müggelspree die angebliche Schadlosigkeit der weiteren
Abwasserentsorgung in das Grundwasser belegen wollen, erstaunt schon
sehr, wenn
sie an einer anderen Stelle ihrer UVS bereits feststellten: Die
Verrieselung
bewirkt eine Verlagerung der Schadstoffe in die tieferen
Bodenschichten. Hinzu
kommen neue Nähr- und Schadstoffe aus dem vorgereinigtem Abwasser.
Dies ist als
fortdauernde, erhebliche Verschlechterung zu werten. Ebenso trifft das
für das
Grundwasser zu. Spree und Müggelspree werden derzeit von einem 1,3
km breiten
Zustrom von Grundwasser belastet, das mit abwassertypischen Stoffen und
durch
Schadstoffe belastet ist.
Die als FFH-Gebiet nach Brüssel gemeldete
Müggelspree (Gebietskennziffer
3649-303, Landeskennziffer 559) besitzt auch für die
Trinkwassergewinnung der
Stadt Berlin eine nicht unerhebliche Bedeutung. In diesem Gewässer
konnte eine
bereits bestehende Belastung durch überhöhten gesamten
organischen
Kohlenstoffgehalt, einen geringen Sauerstoffgehalt und erhöhte
Nährstoffgehalte
festgestellt werden. Während zwei aktueller
Trockenwetterbeprobungen, die im
Sommer 2003 vorgenommen worden sind, zeigten die Messstellen unterhalb
von Fürstenwalde
einen deutlichen Anstieg von Pges., wogegen die organische Belastung
BSB5 und
BSB an der Abwassereintrittsstelle "Große Tränke" deutlich
zunimmt.
Es wird eingeschätzt, dass 80 Prozent des jüngst versickerten
Abwassers über
tiefliegende Grundwasserleiter (P3 und P5) sowie 20 Prozent älter
versickertes
Abwasser (P13, P15) über den oberen Grundwasserleiter zur
Müggelspree abfließt.
Bei Niedrigwasser konnte deshalb eine deutliche Zunahme von Phosphor
und
Stickstoff sowie einer sauerstoffzehrenden organischen Belastung in der
Müggelspree beobachtet werden.
Weiterhin wird in der UVS geschildert, wie gut sich ein
geschützter
Flussabschnitt für die Nachklärung von belasteten Abwasser
eignet. Es wird
eingeschätzt, dass die Müggelspree durch die derzeitige
Kläranlagenableitung
über Versickerung auf den Rieselfeldern bereits bis an die
Obergrenze für die
Gewässergüteklasse II belastet wird. Eine Tabelle über
die Ergebnisse einer
"Mischrechnung" soll "beweisen", dass die weitere Ableitung
des Kläranlagenablaufs ins Grundwasser durch die Verdrängung
des älteren
Grundwassers aus der Schwarzwasserverrieselung zu einer Verbesserung
für die
Müggelspree gegenüber dem Ist-Zustand führen
könnte...
Aus der hohen versickerten Abwassermenge je Fläche,
der bekannten unterschiedlichen
Durchlässigkeit des quartiären 1. Grundwasserkomplexes und
den Ergebnissen der
Grundwasseranalysen wird geschlussfolgert, dass das seit 1995
versickerte
Abwasser aufgrund des erhöhten hydraulischen Drucks auf den
Versickerungsflächen großteils direkt zu den tieferen
kiesigen Schichten
absinkt und mit deren höheren Durchlässigkeit innerhalb
weniger Jahre die
FFH-Gebiet Müggelspree und Spree erreicht. Es wird angenommen,
dass über den
oberen Grundwasserleiter nur ca. 10-20 Prozent des Abwassers in
Richtung Spree
fließen, während ca. 80-90 Prozent über den tieferen
Grundwasserleiter
abfließen... Ältere Untersuchungen aus dem Jahre 1993
ermittelten in dem in das
Gewässerbett der Spree austretende Sickerwasser deutlich
erhöhte Werte für
abwassertypische Stoffe. Damit wird der indirekte Zufluss des
versickerten
Abwassers über die Bodenpassage in die Müggelspree
bestätigt. Im Jahre 2003
zeigten Wasseranalysen die gleiche Belastung wie im Jahre 1993 in dem
in die
Müggelspree austretenden Sickerwasser... Präzisere Aussagen
zur
Abflussgeschwindigkeit zwischen Rieselfelder und Spree wären
jedoch nur mit
Hilfe eines "flächendeckend engeren Messstellenetzes mit
tiefreichenden
Grundwassermesstellen möglich".
Derzeit werden fünf ehemalige Rieselfeldtafeln
östlich des Hauptweges sowie
sechs im südlichen Teil genutzt. Eine Tafel (15) dient als
"Notüberlauf". In der "Allgemeinen Zusammenfassung" zur UVS
heißt es dann zum "Notüberlauf" auf Seite 22: "Es sei an
dieser
Stelle darauf hingewiesen, dass die derzeitige Ableitung zur
Versickerung auf
die Rieselfelder einen Beitrag zur Milderung bei Havarien bietet, da
der
durchsickerte Bodenkörper einen Schutz vor dem Durchschlagen der
Schadstoffe in
das Grundwasser und damit in die Müggelspree bietet. Eine
Beibehaltung dieser Ableitung
ist zumindest in der Bauphase als Notableitung vorgesehen..." Auch
für
später soll der "Bodenkörper als Puffer bei
Betriebsstörungen"
erhalten bleiben.
Die im Jahre 1995 neu errichtet Kläranlage arbeitet
nach dem weit
verbreiteten Belebtschlammverfahren und umfasst eine Kapazität von
48.000
Einwohnerwerte. Mittlerweile ist es dem Zweckverband Fürstenwalde
mit Duldung
der verantwortlichen Wasserbehörden gelungen, in der
ursprünglich nur auf nur
48.000 Einwohnerwerte ausgerichtete Kläranlage Fürstenwalde
die Abwässer von
fast 60.000 Einwohnergleichwerte zu entsorgen, was eindeutig zu einer
Überlastung der o. g. Anlage führte. Deshalb wird nun
nachträglich eine
bauliche Ertüchtigung der o. g. Kläranlage auf die
Kapazität von 60.000
Einwohnerwerte beantragt, wobei wiederum Fördermittel der
Europäischen Union in
Höhe von etwa 11 Millionen EURO beantragt worden sind. Mit diesem
Geld soll
neben einem weiteren Ausbau von Kanalnetzen vor allem ein 3.
Nachklärbecken zur
bereits vorhandenen Kläranlage sowie ein der Belebungsstufe
vorgeschaltetes
Anaerobbecken zur Phosphoreliminierung errichtet werden.
Bislang arbeitet der Abwasserzweckverband
Fürstenwalde offensichtlich mit
einer "Schön-Wetter-Kläranlage". Die Ablaufwerte sollen
tolerierbar
sein - zumindestens im Sommerhalbjahr und außerhalb von
"Regenereignissen..." Ein weiteres Problem wird in der vorliegenden
UVS wie folgt beschrieben: "Der Stadtkern von Fürstenwalde
verfügt über
eine Mischkanalisiation. Dieses Kanalsystem verfügt über
sieben
Mischwassereinleitstellen in die Spree. Im Regenwetterfall kommt es je
nach
Kapazität der Teilsysteme und des Pumpwerkes 10 zu
Regenüberlaufereignissen,
bei denen das Mischwasser direkt in die Spree gelangt. Die
Einleitstellen sind
reine Systemüberläufe und verfügen über keinerlei
Behandlungsvorrichtungen..."
Neben dem kommunalen und gewerblichen Abwasser werden in
der Kläranlage
Fürstenwalde auch Industrieabwässer entsorgt.
Größte Indirekteinleiter sind die
Firmen LACUFA (Farben und Lacke) und OCI (Kunststoffrecycling). Die
betrieblichen Abwässer der Firma LACUFA enthalten
regelmäßig organisch
gebundene Halogene (AOX). Außerdem finden sich hier relativ hohe
Konzentrationen an Nickel, Kupfer und Cadmium. Die Abwässer der
Firma OCI
enthalten regelmäßig AOX "bis zu 100fach über den
Richtwert der
Verwaltungsvorschrift des MLUR". Die übrigen Parameter werden von
der UVS
nicht betrachtet, "da es sich um Rohabwasser handelt, das eine
Reinigung
in der Kläranlage erfährt..."
Beantragt wurde vom Vorhabensträger eine
Plangenehmigung nach § 18c
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bzw. § 7 des brandenburgischen
Wassergesetzes
(BbgWG) . Weil von dem Vorhaben ein FFH-Gewässer betroffen ist,
wurde eine
"Umweltverträglichkeitsstudie mit integrierter
FFH-Verträglichkeitsprüfung" angefertigt. Jedoch
bedürfen gemäß § 129a
Abs. 2 Nr. 1 BbgWG die Errichtung bzw. wesentliche Änderung einer
Kläranlage
der Größenklasse 4, die zugleich auch UVP-pflichtig ist,
eines
Planfeststellungsverfahrens.
Soweit uns bekannt ist, wurde für den Bau der
Kläranlage Fürstenwalde bisher
kein entsprechendes Planfeststellungsverfahren mit
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.
Zusammenfassung:
Jedes Festlegen auf eine nicht mehr veränderbar zu machende
Strategie birgt
Risiken in sich. Entscheidungen, die im Vorab - quasi ohne das
entsprechend
gesetzlich vorgeschriebene Prüfverfahren gefällt worden sind,
können sich im
Nachhinein als falsch herausstellen... Sind diese Entscheidungen
irreversibel,
so können sie hohe Kosten verursachen. Deshalb sollten
Entscheidungen stets so
getroffen werden, dass viele Handlungsoptionen offen bleiben... Auch
weisen wir
nochmals darauf hin, dass es nicht dem geltenden Umweltrecht
entspricht, wenn
das naturwissenschaftlich nicht bestimmbare Reinigungsvermögen des
Bodens sowie
die Möglichkeiten der Verdünnung als Element der Reduzierung
von technischen
und stoffökologischen Anforderungen vorab bei der Planung eines
Abwasserbeseitigungskonzeptes in Rechnung gestellt werden.
Die anerkannten Naturschutzverbände vermissen in
den bisher vorliegenden
Unterlagen eine umfassende Analyse und Dokumentation der durch die
unsachgemäße
Abwasserentsorgung aufgetretenen Schäden an Boden und
Gewässer. Außerdem
erwarten sie die unverzügliche Einleitung von
Sanierungsmaßnahmen - Maßnahmen
zu einer möglichst effektive Schadenbegrenzung sollten hierbei
oberste
Priorität vor allen anderen Planungen, wie z. B. die Erweiterung
der
Kläranlagenkapazitäten an einem wegen seiner
ökologischen Sensibilität
offensichtlich völlig ungeeigneten Standort besitzen!
Die anerkannten Naturschutzverbände machen
darauf aufmerksam, dass
die derzeitige und weiterhin geplante Abwasserentsorgung des
Zweckverbandes
Fürstenwalde in das Grundwasser nicht nur in keiner Weise
genehmigungsfähig
ist, sondern darüber hinaus hierbei auch § 324 StGB -
unbefugtes Verunreinigen
sowie das sonstige nachteilige Verändern eines Gewässers in
seinen
Eigenschaften, sowie § 326 StGB Abs. 1 Nr. 3 -
gewässergefährdende
Abfallbeseitigung und § 330 StGB - schwere Umweltgefährdung
zu beachten sind!
Auch ein Amtsträger, der die rechtliche Befugnis hat, die
Verletzung eines
Umweltmediums zu gestatten, haftet selbst strafrechtlich, dies
widerspricht
auch nicht den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums aus
Art. 33 Abs.
5 GG. Dies trifft vor allem beim Erlass einer materiell-fehlerhaften
Genehmigung und Erlaubnis sowie bei Nichtrücknahme einer
fehlerhaften
Genehmigung oder Erlaubnis oder beim Nichteinschreiten gegen
rechtswidrige
Umweltbeeinträchtigungen zu.
Die Verbände bitten um entsprechende Würdigung
der v. g. Hinweise und
Bedenken sowie um eine weitere Beteiligung am Verfahren.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
C. Pape
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