gelesen in der Schweriner Volkszeitung

am Sonnabend, dem 9. Juli 2005

Bund öffnet die Akten – Land unter Druck

Mehr Informationsrechte für Bürger sorgen für Koalitionsstreit in MV

Schwerin
Bürger erhielten künftig leichteren Zugang zu Akten von Bundesbehörden. Das so genannte Informationsfreiheitsgesetz hätte gestern den Bundesrat passiert. Im Land poche der Datenschutzbeauftragte jetzt auf ein entsprechendes Gesetz für MV. Doch die Koalition sei sich nicht einig.

Welches Gebäude entsteht da eigentlich in der Nachbarschaft? Wie lange dauern die Arbeiten? Weshalb hat dieser und nicht jener Bewerber die Ausschreibung gewonnen? Fragen, die bislang keine Behörde beantworten musste. "Amtsgeheimnis", hieße es dann, sofern der Antragsteller kein "berechtigtes Interesse" nachweisen könne. Das soll sich jetzt ändern – zumindest bei Vorhaben, die in den Bereich von Bundesbehörden fallen. Unter Berücksichtigung des Datenschutzes soll dort künftig jeder Bürger auch ohne Begründung Zugang zu Amtsakten erhalten. Das sähe das Informationsfreiheitsgesetz vor, das gestern den Bundesrat passiert hätte.

Nun würden auch im Land die Stimmen lauter, die ein entsprechendes Gesetz für MV fordern. "Jetzt ist Mecklenburg-Vorpommern erst recht in der Pflicht, über die Einführung eines Informationsanspruches der Bürger auch gegenüber den Landesbehörden zu entscheiden", hätte der Datenschutzbeauftragte von MV, Karsten Neumann, gestern gesagt. Der Bürger bezahle die Verwaltung, die seine Interessen wahrnehmen soll, dürfe aber nicht wissen, auf welche Weise dies geschehe, kritisierte er den "verstaubten" Ansatz. "Das Amtsgeheimnis hat seinen Ursprung im Mittelalter, als Beamte noch Vertreter des Königs waren."

Mit seiner Forderung käme er aber bei der SPD nicht weiter. Während der Koalitionspartner PDS für freie Akteneinsicht einträte, sähe Innenminister Gottfried Timm (SPD) keinen Handlungsbedarf. Begründung: Bei einer Reihe von Gesetzen gäbe es bereits freien Zugang zu Informationen. Ansprüche könnten auch in die Verwaltungsreform eingebettet werden, so der Minister. Außerdem habe der Servicegedanke längst Einzug in die Amtsstuben gehalten.

Nach Auffassung der Landesbürgerbeauftragten Heike Lorenz reicht das jedoch nicht aus. Bei einer Fachtagung zur Verwaltung hätte sie für ein gesetzlich geregeltes Miteinander von Bürgern und Behörden "auf Augenhöhe" plädiert. Dies könne auch dazu beitragen, Streit im Vorfeld zu schlichten.

Informationsgesetze auf Länderebene gäbe es bereits in Schleswig-Holstein, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Im Bundesrat hätte sich MV gemäß Koalitionsabsprache der Stimme enthalten.


 

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